Samstag, 31. Juli 2010

Nicht so einfach mit der Weltrettung durch Konsum...

Inspiriert durch manomama habe ich mich mal wieder mit den gesundheitlichen Aspekten von Kleidung und Selber-Näh-Plänen befasst. Als Ergebnis musste ich mich auf die Suche nach echtem Bio-Stoff machen, gar nicht so leicht! Hier eine E-Mail an den Mathias-Versand für Fair-Trade-Stoffe in der Schweiz.

Sehr geehrte Damen und Herren,


ich finde es sehr erfreulich, dass Sie so eine große Auswahl an Fair Trade Stoffen anbieten. Zu den Bio-Stoffen hätte ich noch einige Fragen.

Bei den meisten in ihrem Katalog angegebenen Siegeln handelt es sich meines Wissens nicht um Bio- sondern nur um Fair-Trade-Siegel, dennoch sind viele Stoffe als "bio" gekennzeichnet. Können Sie mir nähere Auskunft über die Bio-Zertifizierung der Stoffe geben? Besonders interessiert mich, ob nur die Baumwolle oder der fertige Stoff zertifiziert ist. Ich möchte schließlich Bio-Stoffe kaufen, um Schadstoffe zu vermeiden und die Farben sind ja oft stark schadstoffbelastet. Außerdem würde ich gerne erfahren, woher die Stoffe genau stammen. Ich habe nämlich gehört, dass in Indien die Kontrollen sehr schlecht funktionieren und viel Bio-Baumwolle von dort gar nicht wirklich Bio-Qualität hat.

Ich hoffe, Sie können mir weiterhelfen und ich kann bald bedenkenlos Stoffe bei Ihnen bestellen!


Mit freundlichen Grüßen

Montag, 8. Februar 2010

Warum Heldinnen nie Leistungsträger werden

Mein Beitrag zur Heldendiskussion auf Freitag.de, außerdem Gedanken zu Integration, Chancengleichheit und Grundeikommen und nicht zuletzt eine persönliche Liebesgeschichte an das wahre Leben

Konzentriert schauen die großen braunen Augen mich an, man sieht förmlich die gedankliche Anstrengung dahinter. Sie würde endlos weiterreden, wenn jemand zuhören würde. Das Interesse an ihren philosophischen Gedanken ist aber bei ihren Brüdern, Eltern, und den ganzen furchtbar kompliziert mit ihr verwandten Erwachsenen eher gering. Fragen über Fragen. „Was passiert, wenn überall Feuer ist?“ „In welchem Laden gibt es Wände für Häuser?“ „Was ist, wenn unter der Erde kein Platz mehr ist für Tote?“ Sie hat unglaubliche Entwicklungsschritte gemacht. „Als alle Menschen Babys waren, wo waren da die Mamas?“ Das war erst vor ein paar Monaten, jetzt ist das längst geklärt. Leider hat sie aber inzwischen auch einiges wieder vergessen: Neuerdings besteht sie darauf, dass nach der Drei die Sieben kommt, dabei waren wir nach einigem Training schon fehlerfrei bei zwölf. Das Zählen in einen Zusammenhang mit ihrem Alter zu bringen, liegt ihr immer noch fern, letzteres drückt sich schließlich in Fingern aus.
Ich denke darüber nach, wie unfassbar viel dieser kleine Mensch in den letzten Jahren geleistet hat. Wie sie sich mit zwei Jahren die meiste Zeit versteckte, viel weinte und kaum ein Wort sprach, völlig verloren zwischen den ganzen Großen. Wie sie mit fast vier anfing, mich gerne zu besuchen, sich aber nicht die Bohne für das von mir beschaffte Spielzeug interessierte. Statt dessen durchsuchte sie meine Schubladen und probierte meine hochhackigen Schuhe an. Als sie vier war, beschloss ich, dass es reichte und verbot ihr die Schubladen. In der folgenden Zeit langweilte sie sich meist bei mir, Bücher, Malsachen und Puzzles konnten sie nur bei der Stange halten, wenn ich neben ihr saß und sie ermutigte. Ein Jahr später sieht das völlig anders aus. Stundenlang sitzt sie auf dem Teppich und malt, klebt, philosophiert. Nur manchmal muss ich sie daran erinnern, dass ich gerne gefragt werde, bevor ihre Kunstwerke an meinen Schrank geklebt werden. Denn irgendwas haben diese Spielsachen, Geschenke und Bilder an sich, dass sie mein Zimmer nicht verlassen wollen. Ich habe es selber probiert, der Familie Spielzeug gebracht. Nach kürzester Zeit war es verschwunden, kaputt und entsorgt, von den Jungs in Besitz genommen oder zu gut aufgeräumt von Mama. Deshalb hat sie gelernt, wertvolle Dinge bei mir zu lassen.
Am meisten bewundere ich, dass sie unverdrossen weiter die Welt erkundet, obwohl sie so oft zurückgewiesen wird. Obwohl sie etwas an sich zu haben scheint, was ihre Mutter zum Schimpfen bringt, wenn sie etwas fragt. Obwohl sie auch von mir einiges einzustecken hat, etwa wenn sie beim Einkaufen sagt: Kauf mir das! (Die Lösung sah vor dem nächsten Einkaufen so aus: „Wir gehen da jetzt rein und wenn du was haben willst sagst du nicht ,Das musst du mir jetzt kaufen.´ sonst werde ich sauer!“ - „Ok. Und was soll ich dann sagen?“ - „Dann sagst du ,Kannst du mir das bitte kaufen?´und wenn ich ,nein´sage, sagst du ,ok´.“ - „Ok.“) Und obwohl sie ein kleine Schwester hat, die von Beruf Prinzessin ist und durch Schreien alles bekommt, ohne je Widerspruch zu ernten.
Ich frage mich, welche Leistungen dieses kleine Wesen, das so stark ist, einmal für die Gesellschaft tragen wird. Ob ihr jemand erzählen wird, dass sie aufsteigen kann, wenn sie nur will. Ob sie an den Anforderungen dieser Gesellschaft zerbrechen wird.
Haben die sogenannten Leistungsträger, die selbstverständlich davon ausgehen, ihre Position aus eigener Anstrengung erreicht zu haben, mal eine Sekunde über ihre Voraussetzungen nachgedacht?
Ist es ein persönliches Versäumnis dieses Kindes, dass seine Eltern aus einer Minderheit stammen, die in ihrem Herkunftsland verfolgt wird? Dass ihre Eltern, traumatisiert nach dem Tod von eigenen Kindern die Flucht ergriffen und in einem Land landeten, in dem ihre Werte nichts zählen? Dass ihre Minderheit jahrhundertelang Schulen mied, um ihre kulturelle Identität zu bewahren und es ihnen auch deshalb schwer fällt, zu erkennen, dass ihre Kinder hier nur mit Schulbildung überleben können? Dass sie Eltern hat, die mit ihren Voraussetzungen hier auch Schwierigkeiten hätten, selbst wenn sie Deutsch könnten. Dass ihr Vater, in der Heimat ein angesehener Mann, mit Land und Arbeitskräften aber ohne Bildung hier nichts zählt. Dass er, über 50 und herzkrank, vom Arbeitsamt zum Computerkurs statt zum Deutschkurs geschickt wird. Dass es bei uns keine Grundsicherung für Kinder gibt und es deshalb für Eltern mit vielen Kindern und ohne Qualifikation kaum möglich ist, ihre Familie selber zu ernähren.
Und ich frage mich, ob deutsche Familien mit geringem Bildungsniveau, wenn sie plötzlich ihren Arbeitsplatz und ihr Umfeld verlieren würden, sich in einer völlig anderen Kultur auf einem anderen Kontinent vorbildlich integrieren würden.
Ich frage mich, was das für ein Land ist, in dem man steigende Arbeitslosenzahlen auf steigende Faulheit zurückführt. Und in dem kein Platz mehr ist, für Menschen, die durch einfache Arbeit für sich und ihre Familie sorgen wollen.
Das erinnert mich an die Argumentation aus dem Film über das Grundeinkommen: Heute kann niemand mehr für sich selber sorgen. Jeder arbeitet für andere und nimmt die Arbeit anderer in Anspruch. Die Arbeit von einigen wird aber nicht mehr gebraucht und sie können deshalb auch kaum Leistungen in Anspruch nehmen. Im Film kam ein Vorschlag aus früheren Zeiten vor, jedem ein kleines Stück Land zur eigenen Versorgung zu geben. Die moderne Form wäre das Grundeinkommen.
Das würde Eltern wie diesen eine große Last von den Schultern nehmen und dennoch würde es Kinder wie diese nicht dazu befähigen, sich im deutschen Schul- und Ausbildungssystem zu behaupten (was natürlich weniger relevant wäre, wenn sie nicht auf Arbeit angewiesen wären). Ganz vielleicht würde es auch mehr Nachbarn dazu bringen, so verrückte Dinge zu tun wie ich. Allerdings beschleicht mich der Verdacht, dass es nicht genügend wären, damit alle sich hier zu Hause fühlen können. Und mein Bauchgefühl findet, dass es auch mit Grundeinkommen, nicht richtig ist, wenn ein Teil der Gesellschaft vermittelt bekommt, dass seine Arbeitskraft nicht gebraucht wird und befürchtet, dass die Zuverdienstmöglichkeiten immer noch erheblich von den persönlichen Voraussetzungen abhängen.
Bleiben also genug Fragen, nicht nur für fünfjährige Philosophinnen.

Dieser Beitrag wurde ebenfalls in meinem Blog auf Freitag.de veröffentlicht.

Samstag, 9. Januar 2010

You have come to the right place!

Ein Bericht meiner spontanen einwöchigen Reise nach Kopenhagen anlässlich der UN-Klimakonferenz (COP15) im Dezember 2009

Endlich entdecke ich die Eingangstür, irgendwo in dem Graffiti steht „please enter“. „You have come to the right place“ verkündet ein strahlendes Gesicht unter einer bunten Strickmütze, als ich mich nach einem Schlafplatz erkundige. Sie gibt mir eine Führung: Neben dem „Café“ (ein Versammlungsraum mit zusammengestückelten Möbeln und einem riesigen Feuer im offenen Kamin) befindet sich eine Halle, in der zahlreiche frisch kreierte Transparente für diverse Demos ausgebreitet liegen. In der Baracke an der Stirnseite befindet sich die Großküche, wo ich gegen eine Spende veganes Essen bekommen kann. Ein kleiner Hund, der statt Hinterbeinen Räder hat, wuselt um unsere Beine. In einem zweistöckigen Bürogebäude im selben Industrie-Backstein-Look befinden sich die Schlafräume. Der erste Gang zeichnet sich durch einen durchdringenden Grasgeruch und eine Menge Dreck auf dem Boden aus. Überall in den Büros liegen schon Schlafsäcke verteilt. Duschen gibt es nicht. Ich beschließe, das Gelassenheit die angemessene Reaktion auf diese Situation ist und wähle den Raum im zweiten (saubereren) Gang, in dem ich eine Person vorfinde, die nicht unter Drogeneinfluss steht. Sie wird sofort meine beste Freundin. „Am besten suchst du dir irgendwo ein kaputtes Fahrrad und reparierst es in der Kandy-Factory. Dort wurde eine Werkstatt eingerichtet, Bus fahren ist hier viel zu teuer“ erklärt sie mir. Und dass es zwei große Gruppen von Organisatoren des Rahmenprogramms gibt: Das Klimaforum, eine alternative Konferenz, bei der es vielfältige Vorträge, Podiumsdiskussionen, Ausstellungen und Filme gibt. Und das Climate Justice Action Network, das jeden Tag Demos und Aktionen plant und uns auch diese kostenlose Unterkunft organisiert hat. Offenbar darf die Polizei das Gebäude nicht betreten, was sie aber nicht daran gehindert hat, in der vorigen Nacht draußen aufzukreuzen und einen Teil der vorbereiteten Demo-Materialien aus den Versammlungsräumen zu beschlagnahmen.
Das mit dem Fahrrad gelingt mir nicht, denn auf mich machen die zahlreichen Fahrräder, die vor den schönen alten Backstein-Wohnblöcken stehen, nicht den Eindruck, als wollten ihre Eigentümer sie loswerden. Im Gegenteil, die Räder wirken sehr gepflegt und vor allem schön. Keine Spur von Geschmacksverirrungen á la Supermarkt-Mountainbike. Statt dessen jede Menge Holland-Räder und sehr stylishe Fahrradhelme, die eher an Skater-Helme erinnern. An den Straßen finden sich breite Radwege von fast zwei Metern, die durch Bordsteinkanten von Fußweg und Straße getrennt sind. Eine wunderbare Fahrrad-Stadt.
Das Klimaforum befindet sich zu meiner Überraschung in einem recht schicken Gebäudekomplex, der ein Hotel, Sportanlagen und ein Schwimmbad beherbergt. Auf letzteres kann man aus einem Glasgang herabblicken und dabei Kinderschwimmkurse und Wassergymnastik beobachten.
Nach dem ersten Tag in den Veranstaltungen bin ich völlig aufgekratzt, inspiriert, bewegt. So viele spannende Menschen, so viele andere Perspektiven auf den Klimawandel und die Welt, so viele Denkanstöße. Niemals hätte ich diese Eindrücke durch Zeitungen, Videos und Texte im Internet gewinnen können. Meine Lektion aus dem ersten Tag: Es gibt sehr viele Menschen, die sich in den Entwicklungsländern gegen den Klimawandel engagieren. Sie spüren ihn schon, jeden Tag, in allen Regionen: Verschobene Jahreszeiten und Klimazonen, Dürren, sich ausbreitende Wüsten, verdorbene Ernten. Diese Erfahrungen ziehen sich wie ein roter Faden durch die Berichte aller Gäste. Logisch und berechtigt, dass sie uns als Verursacher des Klimawandels für ihr Leiden verantwortlich machen. Aber das ist nicht alles: Wir haben nicht nur mindestens 80% des Ausstoßes an Treibhausgasen zu verantworten, weil wir wie unsere Vorfahren Wert darauf legen, in Luxus zu leben. Wir können das nur, weil wir ihre Länder jeden Tag seit der Kolonialisierung ausbeuten. Die ressourcenreichsten Länder, die Ölregionen, z.B. der Kongo gehören zu den ärmsten der Welt. In Südamerika wird den Kleinbauern und indigenen Völkern ihr Land weggenommen, für die Plantagen internationaler Großkonzerne. Sie verlieren ihre Lebensgrundlage, ihre Heimat, sogar das Trinkwasser. Für diese Menschen ist der Kapitalismus der Nachfolger der Kolonialismus, sie sehen sich (zu Recht) als Verlierer des globales Wirtschaftssystems.
Es ist etwas anderes, davon nur zu wissen, oder sich wirklich damit zu befassen. Die Fotos wirkten auf mich verstörend. So genau hatte ich bisher nicht darüber nachgedacht, was es heißt, ganze Landstriche zu Plantagen zu machen. Wie es ist, wirklich dort zu leben, kann sich trotzdem wohl nicht vorstellen. Und mir fällt auf, wie groß der Unterschied ist: Eine große Wut und persönliche Betroffenheit auf Seiten der Südamerikaner. Und die große Distanz, Sachlichkeit und der Humor, mit denen europäische Wissenschaftler das Thema behandeln. Trotz der Gegensätze herrschte im Klimaforum eine großartiges Gemeinschaftsgefühl, getragen von der hilflosen Wut und Verzweiflung gegenüber dem Verhandlungsverlauf. Diese merkte man auch den wenigen Delegierten und den Promis der Szene (wie z.B. Naomi Klein, Vandana Shiva, Wangari Maathai) an, die an den Podien teilnahmen. Für sie war es besonders wichtig, hier offene und solidarische Menschen zu treffen, die ihre Sorgen teilten und nicht als erstes auf das Namensschild schauen. Ihre Berichte von den Machtkämpfen im Bella Center waren sehr deprimierend, besonders im Kontrast zu den Berichten der Wissenschaftler. Diese berichteten genau über den zu erwartenden Tipping Point beim Klimawandel (dazu sei dieses Video wärmstens empfohlen), über die wirtschaftlichen Zusammenhänge und über die Energienutzung der Zukunft. Einer erzählte diese Geschichte: „Auf einer einsamen Insel lebten Hühner. Die Menge der Würmer und Pflanzen begrenzte die Zahl der Hühner. Eines Tages wurden einige Tausend Fässer Getreide von einem Schiff angespült. Die Inselbewohner wurden dick und fett und vermehrten sich eifrig. Aber irgendwann war das Futter plötzlich aufgebraucht.“ Damit beschrieb er das plötzlich unendlich möglich scheinende Wirtschaftswachstum, das nach der Entdeckung fossiler Energieträger einsetzte. Jetzt fällt uns Hühnern auf, dass die zusätzliche Energie endlich ist. Beängstigend wirkten die Schilderungen von Technologien, die eingesetzt werden könnten, um Öl aus dem Sand zu holen oder Kohle in Öl zu verwandeln. Das Fatale (zusätzlich zur in beiden Fällen gigantischen Umweltverschmutzung) ist, dass, sofern beträchtliche Summen in soetwas investiert werden, sich diese auch lohnen müssen. Also wird auch weiter die Technik gefördert, die das Öl verbraucht. Damit zusammen hängt auch das widersprüchliche Verhalten der westlichen Regierungen, das der britische Journalist George Monbiot folgendermaßen charakterisiert: Eine Abteilung fördert engagiert erneuerbare Energien. Eine andere aber sorgt dafür, dass das Angebot an Öl im eigenen Land möglichst groß bleibt. Die Folge: Die Preise bleiben moderat, Öl verbrauchende Technologien werden weiter gebaut. Zusammen mit den Erneuerbaren steht mehr Energie zur Verfügung als zuvor, was natürlich auch niedrige Preise und einen höheren Verbrauch zur Folge hat. „Das ist, als wenn Sie eine riesige Sahnetorte und zusätzlich einen Salat essen und dann meinen, Sie würden wegen des Salates abnehmen.“ Würden die Verhandlungsführer ihre Bemühungen ernst meinen, müssten sie berücksichtigen, dass die Atmosphäre nur eine begrenzte Menge Treibhausgase verkraften kann. Täte man das, müssten man sofort anfangen, nur noch 60% der möglichen Menge zu fördern. Dann wäre die zentrale Frage, welche Ölvorkommen in der Erde bleiben und nicht wer wieviel Prozent gegenüber welchem Referenzjahr bis wann reduziert. Eine Ölknappheit und ein Preisanstieg kämen von ganz allein, sparsame Technologien und erneuerbare Energien hätten eine Chance und die vorher erwähnten extrem dreckigen Methoden fänden keine Anwendung. Eine wahre Diät also statt Sahnetorte plus Salat.
Jetzt wollt ihr aber sicher noch etwas über die Begegnungen mit der Polizei erfahren. Der kürzer halber werde ich mich auf die aufregendste beschränken. Dazu muss ich erst kurz über Christiania berichten. Christiania ist eine autonome selbstverwaltete Siedlung in Kopenhagen, die seit 1971 besteht und von der Polizei in der Regel nicht betreten wird. Etwa 1000 Leute leben dort, es sieht sehr bunt und lustig aus und am Wegesrand kann man an Verkaufsständen Dinge mit lustigen Namen wie „schwarzer Afghane“ kaufen. Das Zentrum ist ein Zirkuszelt, das von außen mit netten Sprüchen verziert ist, auf einer Wiese mit weiteren Zelten und kreativen Kunstwerken. Überhaupt ist das alles eine Augenweide, leider aber mit Fotoverbot. Drinnen im Zelt war eine nette Party im Gange, als der DJ sagte, dass die Polizei draußen wäre. Das hielt uns zunächst nicht vom Feiern ab. Immer wieder kamen Leute herein, die sich die Gesichter mit Schals verdeckten, weil draußen Tränengas verbreitet wurde und jemand erzählte von einem brennenden LKW. Als plötzlich auch eine große Menge Tränengas ins Zelt eindrang, wurde es dort sehr ungemütlich und wir verließen es durch die Zeltwand im hinteren Bereich. Oberhalb, an der Böschung, sahen wir Polizisten in Gruppen patroullieren. Wir wollten einen Versuch unternehmen, das Gelände zu verlassen und stellten ziemlich schnell fest, das eine Polizisten-Mauer ziemlich nahe stand. Wir überlegten etwas und entschlossen uns schließlich, es einfach zu versuchen. Offenbar sahen wir harmlos genug aus, sie ließen uns passieren und trieben uns zur Eile an. Aber das war noch nicht das Ende: Der ganze Stadtteil war umstellt. Nach mehreren Versuchen befürchteten wir schon, das es eine lange Nacht würde. Irgendwann fanden wir aber heraus, dass es an einer Absperrung eine Chance gab und tatsächlich konnten wir die Metro-Station erreichen und bekamen sogar noch den letzten Bus. An diesem Abend wurden in Christiania etwa 200 Leute festgenommen.
Insgesamt wurden während der Konferenz mehrere Tausend Aktivisten präventiv eingesperrt, bei völlig harmlosen Demos. Damit gelang es der Polizei viele der geplanten Protestaktionen erheblich zu schwächen, da Schlüsselpersonen fehlten. Nur zu protestieren, ohne mich mit den Themen zu befassen, kam für mich aber nicht infrage, ich verbrachte die meiste Zeit im Klimaforum.
Zwischen den Veranstaltungen suchte ich das Essenszelt auf in dem von einer Gruppe gekocht wurde, die sich „Free illegal Seeds“ nannte. Sie verwenden nicht patentiertes Gemüse, das sie selbst gezogen haben und können himmlisch kochen! (Hier ein Video, das die Küche in Kopenhagen zeigt). Sie stehen für die vielen Bewegungen, die die Kontrolle über ihr Leben wieder erlangen möchten, die sich für lokale Versorgung und gegen Agrarkonzerne engagieren, die Gemüsegärten in Großstädten anlegen oder autarke Dörfer gründen. Die Verabredungen mit meinen neuen Bekannten im Essenszelt klappten nie, was mir die Gelegenheit gab, jedes Mal neue Leute kennenzulernen.
Am Ende der Woche fühlte ich mich großartig und ich muss gestehen, dass ich mich fragte, ob das angemessen sein kann, angesichts des Ergebnisses. Aber es hat mir unwahrscheinlich viel Kraft gegeben, so wunderbare Menschen auf einem Haufen zu treffen. Endlos könnte ich weiter erzählen, von Projekten, die sie vorstellten und von den wertvollen Begegnungen. Auch Hoffnung keimte auf, denn man kann sich mit den drängenden Fragen auseinandersetzen, ohne Existenzängste ausstehen zu müssen und ohne dass wir wieder wie in vorindustrieller Zeit leben müssen. Mehrere Wissenschaftler sagten, dass wir nur zwei wesentliche Einschränkungen in unserem Lebensstil vornehmen müssen, damit alle auf diesem Planeten menschenwürdig leben können, ohne ihn zu zerstören: Wir müssen erheblich weniger fliegen und erheblich weniger Fleisch essen. Das sind die beiden Dinge, mit denen ein einzelner Mensch mit Abstand am effizientesten zum Klimawandel beitragen kann. Dass das mit dem Fliegen unpraktisch ist, muss ich selber zugeben. Nicht, dass ich dauernd an irgendwelche Strände fliegen würde, das Bedürfnis habe ich gar nicht. Aber nach diesen bewegenden Begegnungen würde ich wirklich gerne eine Weltreise machen und die ganzen Graswurzelbewegungen besuchen, von denen ich gehört habe. Darüber könnte ich ein Blog schreiben oder ein Buch. Das erscheint mir extrem viel spannender, als am Strand zu liegen. Wer weiß: Vielleicht unternehme ich in den nächsten Jahren ein paar Schiffsreisen! Segeln wollte ich schon immer lernen. Kommt jemand mit?

PS: Die versprochenen Fotos vom Weltkugel-Gesicht.

Hinweis: Dieser Text wurde auch in meinem Blog auf Freitag.de veröffentlicht.

Sonntag, 6. Dezember 2009

Die andere Weltrettung

Meine Versuche, meinen neuesten Blogeintrag hier zu veröffentlichen sind leider gescheitert, deshalb lest ihn bitter hier (auf Freitag.de).

Freitag, 28. August 2009

Bewusstseinssanierung

Trailer zu dem Film ENERGY AUTONOMY, der im März ins Kino kommt

Sonntag, 23. August 2009

Heißhunger?

Glutamat ist ein weit verbreiteter Geschmacksverstärker und in vielen Fertiglebensmitteln enthalten. Es stört die Hirnfunktionen und erzeugt so künstlich Appetit, damit trägt es zur Entstehung von Übergewicht bei. Es gibt Hinweise auf zahlreiche weitere negative Auswirkungen, u.a. Hirnschäden und Verringerung der Sehkraft, die möglicherweise erst nach Jahrzehnten eintreten.

Mail an vegeta-info@podravka.de
Sehr geehrte Damen und Herren,
heute habe ich im Park eine Probepackung Vegeta Würzmischung bekommen. Leider enthält sie Glutamat und ich werde sie deshalb nicht essen. Meines Erachtens sollten Gewürze keine Geschmacksverstärker benötigen. Falls Sie sich über mögliche Risiken durch Glutamat informieren möchten, empfehle ich Ihnen folgende Seiten: http://www.zentrum-der-gesundheit.de/glutamat-ia.html und http://www.food-detektiv.de/ (Suchwort Mononatriumglutamat).
Mit freundlichen Grüßen
Miriam Lakemann

Dienstag, 18. August 2009

Immer diese Vergiftungen...

Mail an service@rossmann.de

Sehr geehrte Damen und Herren,
durch die neuen Empfehlungen der Europäischen Lebensmittelbehörde wurde ich auf die Gefahr aufmerksam, die von Cadmium ausgeht. Durch weitere Internet-Recherche stellte ich fest, dass besonders Leinsamen häufig stark mit diesem Schwermetall belastet sind. Da ich täglich EnerBio Leinsamen in mein Müsli mische, bin ich nun etwas besorgt. Bitte teilen Sie mir doch mit, wie hoch die Cadmium-Belastung Ihrer Leinsamen ist! Parallel werde ich bei anderen Herstellern anfragen und mich dann zukünftig für das Produkt mit der geringsten Belastung entscheiden.
Mit freundlichen Grüßen
Miriam Lakemann

Zum Thema: report München und 3Sat.